VDMA: Industrielle KWK weiterhin fördern. Ausrüster gehen auf der HANNOVER MESSE gegen „verwässertes“ KWK-Ausbauziel in Stellung
Hannover/Mannheim, 22.04.2015
Die „Energy“ im Rahmen der HANNOVER MESSE bot mit ihrem Schwerpunkt Dezentrale Energieversorgung einen umfassenden Überblick über innovative Lösungen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) sowie weiteren Energiedienstleistungen von Direktvermarktung bis Contracting. Allein 44 Anbieter von Energiedienstleistungen, deren Kerngeschäft die Hebung von Energieeinsparpotenzialen in Industrie, Handel und Gewerbe sowie kommunalen Einrichtungen ist, gaben auf ihrem Gemeinschaftsstand umfassende Einblicke in neue Technologien als auch in Ideen und Lösungen für den Energiemarkt der Zukunft sowie der dezentralen Energieversorgung als effiziente Flexibilitätsoption für das neue Energiemarktdesign. Dieses Marktdesign und die Potenziale der Kraft-Wärme-Kopplung werden in einer Reihe von Foren mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik diskutiert.
Kraft-Wärme-Kopplung – Effizienz in der Industrie bedroht
Sehr kritisch sieht die Branche die Ansätze, die im März in einem Papier des BMWi zur Reform des KWK-Gesetzes veröffentlicht wurden. So rückte die Bundesregierung darin von ihrem Ziel von 25 Prozent KWK-Strom bis 2020 ab. „Ein gefährliches Signal, das das Vertrauen in eine stringente Politik nachhaltig erschüttern und Investoren verunsichern würde“, mahnt Thoralf Lemke, Marketingleiter des KWK-Herstellers Caterpillar Energy Solutions aus Mannheim. „Das Papier klammert das Thema Effizienz und Klimaschutz im Wärmemarkt völlig aus. Dabei ist KWK in erster Linie eine Technologie, die die Brücke vom Strom- zum Wärmemarkt schlagen kann, die Energieeffizienz steigert und von daher bisher im Rahmen der Energiewende zu Recht als besonders ausbauwürdig galt.“ Matthias Zelinger ergänzt, dass gerade der Maschinen- und Anlagenbau auch als Nutzer solcher Anlagen betroffen wäre: „KWK soll in der energieintensiven Industrie weiter gefördert werden, ebenso in der öffentliche Versorgung. Gespart werden soll jetzt ausgerechnet beim industriellen Mittelstand.“ Dies sei besonders kritisch, weil die versprochene Klärung der Frage der zukünftigen Belastung von Eigenstromerzeugung ausbliebe. „Somit wären Wirtschaftlichkeitsstudien Makulatur. Wir brauchen daher einen Erhalt des Bonus für die industrielle Eigenstromerzeugung. Mindestens bis mit der EU geklärt ist, wie nach 2016 mit der EEG-Umlage für diese Anlagen verfahren werden soll!“ Wie vom Bundeswirtschaftsministerium bei der letzten EEG-Novelle zugesichert, sind Belastungen durch die EEG-Umlage auf die Eigenstromerzeugung bei der Anpassung des KWK-Bonus zu berücksichtigen.
Die Kraft-Wärme-Kopplung als Brücke vom Strom- zum Wärmemarkt sollte weiter ausgebaut werden. Die Eigenerzeugung im industriellen Mittelstand dürfe nicht abgewürgt werden, forderte der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA Power Systems) auf der HANNOVER MESSE. „Den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung muss der Bundeswirtschaftsminister mit einer zielorientierten Politik angehen. Mit den jüngsten Vorschlägen des BMWi würde die KWK ausgerechnet im wichtigen Bereich der industriellen Anwendung bedroht“, sagte Lemke, bei der Pressekonferenz von VDMA Power Systems am 13. April in Hannover.
Unverständnis herrscht darüber, dass die KWK zwar in der energieintensiven Industrie wie auch in der öffentlichen Versorgung weiter gefördert werden soll, der industrielle Mittelstand aber hinten herunter fällt. Mit den angedachten Maßnahmen zur KWKG-Novelle würden sich die Amortisationszeiten von bisher zwei bis drei Jahren auf vier bis fünf Jahre verlängern. Die KWK stehe aber im Wettbewerb mit anderen Investitionen der Unternehmen, so dass zu befürchten sei, dass es hier zu einem Stillstand komme. Zudem habe das BMWi bei der letzten EEG-Novelle zugesichert, die Belastung durch die EEG-Umlage für die Eigenstromerzeugung durch entsprechende Anpassung des KWK-Bonus auszugleichen.
Der Verband begrüßt ausdrücklich die Umstellung der Erneuerbare-Energien-Förderung auf Ausschreibungen. „Wir stehen 2015 vor wichtigen Entscheidungen, um die richtigen Anreize zu setzen“, sagt Matthias Zelinger. Keinesfalls dürfe es einen Bruch im Übergang zwischen den Fördermethoden geben, Investitionen benötigten Planungssicherheit. Andererseits drohe die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) zurückzufallen: „Derzeit wird außer Acht gelassen, welche Potenziale die KWK-Technik für die Senkung der CO2-Emissionen zu bieten hat“, beklagt Thoralf Lemke, Marketingleiter von Caterpillar Energy Solutions.
Beim Verband verweist man auf die erheblichen CO2-Einsparungen durch die KWK, 2013 waren es insgesamt 56 Mio. t. Dabei könne KWK eine Brücke zwischen Strom- und Wärmemarkt sein. Dass Minister Sigmar Gabriel alte ineffiziente Kraftwerke mit Zusatzkosten belasten will, findet man nicht grundsätzlich falsch, doch müsse dies „ordnungspolitisch sauber“ geschehen, betonte Zelinger. Er räumte aber ein: „Wenn diese alten Kraftwerke aus dem Markt gehen, wird das einen positiven Effekt auf das Gesamtsystem haben.“ Denn dann würden moderne hocheffiziente Anlagen mehr Strom produzieren können und Investitionen in solche Anlagen wieder lohnender.
B.KWK präsentiert Gütesiegel für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung
Der B.KWK hat auf der HANNOVER MESSE hat erstmals das neue Gütesiegel für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) vorgestellt. Als eigene Marke soll KWK-Strom für Kunden identifizierbar werden und den Stromerzeugern als Alleinstellungsmerkmal dienen. Das Zertifikat erteilt der Bundesverband und gibt dem Verbraucher so die Sicherheit, dass der zertifizierte KWK-Strom auch tatsächlich aus hocheffizienten KWK-Anlagen kommt. Während grüner Strom aus regenerativen Quellen stammt, lässt sich elektrische Energie aus KWK-Anlagen am Markt bisher nicht identifizieren. Obwohl KWK-Strom besonders umweltfreundlich ist, fand er bisher zusammen mit Strom aus Atomkraftmeilern und herkömmlichen Kraftwerken als so genannter Graustrom seinen Weg zum Endkunden. Um die Vorteile, die Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung für Erzeuger, Verbraucher und Umwelt bietet, auch maximal nutzen zu können, ist der Schritt zur Marke die logische Konsequenz, denn nun können sich Stromkunden ganz bewusst für KWK-Strom entscheiden und damit ihren ganz persönlichen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Auch die Stromerzeuger profitieren davon, die Kraft-Wärme-Kopplung stärker ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken.
Die Förderung von flexibel eingesetzter KWK dient der Vermeidung von volkswirtschaftlich ineffizienten systematischen Stromüberschüssen und stellt einen kostengünstigen Baustein im zukünftigen Strommarkt dar. Mit virtuellen Kraftwerken können KWK-Anlagen aller Größenklassen und unabhängig vom Einsatz in den Netzen der allgemeinen Versorgung oder im Objekteinsatz positiv und systemstabilisierend wirken. Berthold Müller-Urlaub, Präsident des B.KWK, formuliert die sechs Kernforderungen des B.KWK zur KWKG-Novelle 2015:
- Das 25-prozentige Ausbauziel für Strom aus KWK unverändert beibeha lten.
- Den Neubau, die Modernisierung und die Nachrüstung von KWK-Anlagen in allen Größenklassen mit modifizierten Zuschlägen fördern.
- Keine Diskriminierung von eigengenutztem KWK-Strom.
- Temporäre Maßnahme zur Bestandssicherung von existenzbedrohten KWK Anlagen.
- Schaffung von langfristiger Planungssicherheit für den Betrieb von KWK-Anlagen.
- Einsatz erneuerbarer Gase in KWK.